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Unser Wald im Stress! - Handlungsbedarf und Lösungsansätze
Erstes HVNL-Online-Seminar
Am 13.11.2020 hatte die HVNL in mehrfacher Hinsicht eine Premiere: Zum ersten Mal fand in einer Kooperationsveranstaltung mit dem bdla-Hessen und dem BBN das erste Online-Seminar statt. Mit dem hochaktuellen Thema „Unser Wald im Stress“ konnte endlich wieder eine Informationsveranstaltung angeboten werden. Die Resonanz war mit über 40 Teilnehmenden sehr gut und ging deutlich über die Landesgrenzen hinaus.
Die letzten drei Sommer in Deutschland zeichnen sich durch sehr niedrige Niederschläge aus. Besonders auffällig wird diese Klimaveränderung in den Waldgebieten Hessens, wo stark geschädigte Bäume unweigerlich ins Auge fallen. Plötzlich verändern sich das gewohnte Waldbild im rasanten Tempo, da in der Folge der Waldschäden ganze Waldabteilungen beseitigt werden müssen oder sich massiv auflichten.
Wald hatte schon immer vielfältige Funktionen zu erfüllen, schon immer war und ist Multifunktionalität gefragt, ein möglichst harmonischer Dreiklang aus Ökonomie, Ökologie und Sozial- bzw. Gesundheitswirkung. Den Folgen des Klimawandels ausgesetzt, kommt es in den Wäldern zu einer erheblichen Störung in den bestehenden Systemen.
Starke Kronenverlichtung bei Fichten und Buchen
Laut Pressemitteilung des hessischen Umweltministeriums von Anfang November 2020 hat die mittlere Kronenverlichtung aller Baumarten und Altersklassen 28% erreicht, dies ist der höchste Wert seit 1984 zu Zeiten des Waldsterbens infolge des sauren Regens. Ein sprunghafter Anstieg der Kronenverlichtung innerhalb eines Jahres von 2019 in 2020 ist insbesondere in den Fichtenbeständen von 38% auf 50% zu verzeichnen. Rund 80% der bereits abgestorbenen Bäume sind Fichten. Auch bei der Buche, der 2. Hauptbaumart in den hessischen Wäldern, sind die Zahlen der Kronenverlichtung dramatisch, der Anteil beträgt 2020 nunmehr 35%.
Die jährliche Absterberate aller Bäume und allen Alters liegt aktuell bei 2,9% und damit um das 7-fache im Vergleich zum langjährigen Mittelwert von 0,4. Der Anteil starker Schäden liegt in 2020 mit 9% fast dreimal so hoch wie das Jahresmittel im Zeitraum 1984 bis 2020 (Quelle: https://umwelt.hessen.de/sites/default/files/media/hmuelv/wzbhessen2020_internet.pdf).
Die Schäden sind nicht gleichmäßig über unser Bundesland verteilt, vielmehr zeigen sich regional starke Unterschiede. So weist der Frankfurter Stadtwald, mit seinen 5.000 ha der größte innerstädtische Forst Deutschlands, eine Schadquote von 97% auf. Was das für Frankfurt bzw. sein wichtigstes Naherholungsgebiet bedeutet, lässt sich unschwer erahnen. In Anbetracht dieser Zahlen sind alle Beteiligten in großer Sorge und versuchen gegenzusteuern. Überall wird an Strategien und Ansätzen geforscht, um den Wald zu retten und den nachfolgenden Generationen zu erhalten.
Und wir brauchen unseren Wald als CO2-Senke. Der deutsche Wald entlastet die Atmosphäre jährlich um rund 62 Millionen Tonnen Kohlendioxid (Quelle: Thünen-Institut Kohlenstoffinventur für 2017). Damit kompensiert er etwa sieben Prozent der Emissionen in Deutschland. Rund 1.200 Millionen Tonnen Kohlenstoff sind hierzulande in lebenden Bäumen gebunden.
Die Referenten der Waldtagung
Prof. Dr. Lutz Katzschner, Diplom-Meteorologe und Gesellschafter der INKEK GmbH Institut für Klima- und Energiekonzepte, Lohfelden, referierte in seinem Vortrag „Wald und Klima“ über die klimatischen Wirkungen des Waldes und seine außerordentliche Bedeutung, gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels.
Dr. Peter Meyer, Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Göttingen, verwies in seinem Vortrag „Walderhaltung - Möglichkeiten zur Integration natürlicher Prozesse“ auf die Stärke der natürlichen Resilienz des Waldes, auch wenn sich die traditionellen Waldbilder verändern werden.
Volker Diefenbach, Bürgermeister der Gemeinde Heidenrod und erfahrener Förster, berichtete über den ganzheitlichen Ansatz für eine natur-, landschafts- und umweltgerechte und damit v.a. nachhaltige und zukunftsorientierte Gemeindeentwicklung im ländlichen Raum. „Naturschutz im Wald - best practice im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftsbetrieb und Beitrag zu Natur und Heimat - Was können Kommunalwälder im ländlicher Raum für den Naturschutz leisten“, war der Titel seines Vortrags.
Jan Stetter, Forstamtsleiter bei Hessen Forst in Rüdesheim am Rhein, schilderte eindrucksvoll den Kampf der Förster im Spannungsfeld Wald versus Freizeit und Erholung. In seinem Beitrag „Wald und Freizeitnutzung - Hier will ich mich erholen!“ berichtete er von seinen Erfahrungen zwischen allgemeinem Betretungsrecht, Grillen, Waldbaden und Extremsport.
Andreas Wennemann, Geschäftsführer des Naturparks Rhein-Taunus und Martin Kresov-Hahnfeld, Dozent an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Justus-Liebig-Universität Gießen, zeigten in ihrem Vortrag „Naturparkmanagement Naturpark Rhein-Taunus - Leben, Erholung und nachhaltiger Tourismus zwischen Event und Wildnis“ Lösungsstrategien für den Naturpark auf.
Als Resümee ist festzuhalten, dass auch auf den beruflichen Naturschutz spartenunabhängig viel Arbeit zukommen wird. Wir müssen viel tun und teilweise tradierte Methoden aufgeben, um unseren Wald zu erhalten und fit für die Zukunft und die sicherlich nicht kleiner werdenden Ansprüche an ihn zu machen.
Die Veranstaltung wurde von den HVNL-Vorstandsmitgliedern Anke Bosch und Stefan Kappes moderiert, Uli Luz vom bdla und Tim Kleber hatten die Technik sicher im Griff. Die HVNL möchte auch zukünftig gemeinsame Veranstaltungen mit dem bdla-Hessen durchführen und damit die begonnene Kooperation fortsetzen.