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Beruflicher Naturschutz in Hessen

Aktuell25. November 2022

Thema: Pflanzenkohle

Ist Pflanzenkohle die Lösung bei fehlenden Niederschlagsmengen im Sommer? 

Achtung: Keine mit Nährstoffen aufgeladene Pflanzenkohle auf Biodiversitätsflächen!

Das Problem ist bekannt: Parks vertrocknen; eigentlich saftig grüne Rasenflächen erinnern nicht mehr an grüne Oasen in der Stadt, sondern an ausgetrocknete Steppen. (Stadt-)Bäume unterliegen mittlerweile regelmäßig dem sommerlichen Stress aus zu hohen Temperaturen, bei zu geringen Niederschlägen mit der Folge der fehlenden Wasserverfügbarkeit.

Diejenigen, die den Einsatz von Pflanzenkohle und Terra Preta befürworten, sehen in ihr das Potential,

• dem Boden Nährstoffe zuzuführen,

• die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen

• dauerhaft CO2 und andere klimaschädliche Gase im Boden zu binden und

• die Wasseraufnahme- und -speicherfähigkeit des Bodens zu erhöhen.

Insbesondere die letzte Eigenschaft von Pflanzenkohle ist daher interessant und lohnt die Erforschung, ob die Einbringung von geringen Mengen Pflanzenkohle in Substrate für Baumpflanzungen oder auch Neuanlage oder Sanierungen von Rasen in Parks eine Lösung gegen die Sommertrockenheitsauswirkungen der Vegetation darstellen könnte.

Pflanzenkohle hat aber nicht nur die Fähigkeit Wasser zu speichern. Im Rahmen der Produktion wird die Pflanzenkohle mit Nährstoffen aufgeladen. Bei der ursprünglichen Produktion im Amazonas wurden die Feuerstellenreste mit Kuhdung vermischt und dann auf die Felder aufgebracht und so die Fruchtbarkeit der Böden gesteigert. In größerem Maßstab wird heute – auch in Deutschland – Pflanzenkohle mit Kompost vermengt und so mit Nährstoffen aufgeladen.

Diese aufgeladene Pflanzenkohle ist nicht geeignet um Flächen, die ein Biodiversitätsziel erreichen sollen, zu behandeln. Der Einsatz von Düngemitteln verdrängt natürliche Ökosysteme und in nährstoffarmen Biotopen vorkommende Arten. Dort wird die natürliche, standortangepasste Vegetation verdrängt.

An die Produktion der Pflanzenkohle sind hohe Anforderungen zu stellen:

1. Verwendung kontaminationsfreien Materials (Vermeidung der Gefahr von Einbringung Polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK) welche die Umwelt schädigen und deren Einsatz und Verwendung in der Industrie verboten sind. Daher gibt es strikte Grenzwerte, die auch bei der Pflanzenkohle eingehalten werden müssen. Hierfür wurden die European Biochar certificate (EBC) entwickelt, um Risiken bei der Verwendung von Pflanzenkohle zu minimieren, insbesondere bei landwirtschaftlichen Anwendungen, und negative Umweltauswirkungen ihrer Produktion zu vermeiden. Diese EBC wurden am 10. Januar 2022 aktualisiert. Die Gefahr der Schadstoffe in der Pflanzenkohle erfordert, dass die Produktion nicht nur einmalig zertifiziert, sondern auch kontinuierlich kontrolliert wird.

2. Die ausschließliche Verwendung von regionalen Rohstoffen wie Schnittgut aus Gehölz und Grünschnitt, welche bei der kommunalen Pflege von Parks oder in Hausgärten anfällt, ist Nachhaltig. So wird ein sinnvoller Kreislauf der CO²-Bindung und der Nährstoffbereitsstellung und Erhöhung der Wasserhaltefähigkeit der Böden etabliert wird.

3. Den Sinn der CO“-Bindung bewahren: Einer Ressourcenverschwendung durch die Carbonisierung von z.B. Waldholz ist unbedingt zu vermeiden. Daher ist die Fokussierung auf die Anwendung im Bereich Gartenbau mit geringeren Produktionsmengen sinnvoll. Große Mengen in der Landwirtschaft anzuwenden bedeutet eine Nachfrage nach zu carbonisierendem Material bei den Pflanzenkohleproduzenten auszulösen. Es könnte sich eine gleiche Fehlentwicklung einstellen, wie bei der eigentlich gut gedachten Stromproduktion durch die Verstromung von Gülle und Schnittabfällen: Der Fokus der Stromproduktion hat die VerMaisung der Landschaft ausgelöst. Die Entwickler der Biogasanlagen hatten dies sicher nicht im Fokus, aber nun wird Energiemais auf unpassenden Flächen angebaut und dadurch z.B. Wiesen und darauf lebende Bodenbrüter verdrängt. Sollte der Fokus bei der Pflanzenkohle sehr stark in Richtung CO“-Bindung zur Erreichung der Klimaziele schwenken, besteht die Gefahr einer neuen Fehlentwicklung.

Quellen und Argumente für Interessierte:

https://fachverbandpflanzenkoh...

https://www.umweltbundesamt.de...

BUND: Terra Preta/Pyrolysekohle – BUND-Einschätzung ihrer Umweltrelevanz, April 2015

Verantwortlich: Anke Bosch, stellvertretende Vorstandsvorsitzende HVNL